Im Gespräch (Q&A) mit Herrn Arvanitidis
Er ist seit 12 Jahren Kinderarzt sowie Kinder- und Jugendpsychiater. Herr Arvanitidis hat eine eigene Praxis in Berlin im kinderreichen Prenzlauer Berg. Kindergesundheit ist seine Expertise.
Q: Was können Eltern für die Gesundheit Ihres Kindes tun?
A: Gesunde ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und viel Bewegung sind sehr wichtig für die Gesundheit des Kindes. Daher sind aus medizinischer Sicht gemeinsame Aktivitäten, vor allem an der frischen Luft, wunderbar.
Q: Wann darf die erste Beikost eingeführt werden, welche Zeichen gibt mir mein Baby und womit fangen wir an?
A: Starten sollte man ab dem fünften Monat und zwar ungewürzt. Wenn ein Baby aufmerksam das Essen der Eltern verfolgt oder auch gern selbst einen Löffel halten möchte, gibt es uns ein Zeichen. Allerdings sollten Eltern nicht auf ein Zeichen warten, sondern Nahrung anbieten. Es sollte auch nicht 4 Wochen Kartoffel-Möhrenbrei gegeben werden. Diese Ansicht ist überholt. Wer dem Kind vom 5.-7. Monat alles einmal angeboten hat, verhütet aktiv Allergien und Darmerkrankungen. Der schlichte Kontakt zu den Lebensmitteln beugt nach neuesten Erkenntnissen Unverträglichkeiten vor. Das heißt nicht, dass das Stillen aufgegeben werden muss. Überhaupt nicht. Viele Mütter sind verzweifelt und gestresst, weil Kinder nicht gleichzeitig anfangen Tee oder Wasser zu trinken. Das muss gar nicht sein, denn es ist auch Flüssigkeit in der Nahrung. Nur bei Fieber muss dringend zusätzlich Flüssigkeit gegeben werden. Ansonsten bekommen Babys ausreichend durchs Stillen oder die Fläschchen.
Q: Was macht für sie gesunde Ernährung von Kindern aus?
A: Variation ist absolut wichtig. Vitamin-, mineralstoff- und ballaststoffreich sollte das Essen sein, also viel Gemüse und Obst, Vollkornbrot statt Weißbrot sowie Fisch und Fleisch in Maßen. Auch Milch- bzw. Milchprodukte wie Käse und Joghurt sind absolut wichtig für das gesunde Wachstum von Kindern. Ernährungsmediziner sind der Auffassung, dass beispielsweise Ziegenmilch mehr Allergien auslöst als die herkömmliche Kuhmilch. Dass Ziegenmilch gesünder sei, ist also ein Irrglaube. Wenn ein Kind nicht tatsächlich Laktose intolerant ist, sollten Mandelmilch und Co. nicht als Substitut genutzt werden. Außerdem rate ich meinen Patienten gern zu alten Obstsorten wie Apfel, Birne und Banane. Diese sind besonders gut verträglich, weil sie wenige Reaktionen auslösen.
Q: Was raten Sie Eltern, die selbst vegetarisch oder vegan leben?
A: Um eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen, wird eine vegane bzw. vegane Ernährung nicht empfohlen. Die Ernährungsmedizin belegt, dass Kinder mit Fleisch und Fisch zu ernähren sind, weil sie ansonsten nicht optimal versorgt werden. Gerade Aminosäuren sind sehr wichtig für die Hirnreifung. Die Nahrungsergänzungsmittel, die Veganer üblicherweise nehmen, reichen für Kinder nicht aus.
Q: Wie sieht aus Ihrer Sicht ein gesunder Wochenspeiseplan aus?
A: Die Mischung macht es, und das Maß. Der Wochenspeiseplan sollte sehr ausgewogen sein. Viel Gemüse, ausreichend Obst und auch Fisch und Fleisch in Maßen sorgen für eine gesunde Ernährung. Sehr gut ist bekanntermaßen Rind, wegen des hohen Eisengehalts. Außerdem sollten die Speisen gemäß der Charaktereigenschaften und des Geschmacks der Kinder sein. (lacht) Auf Fruchtsäfte würde ich weitgehend verzichten. Multivitaminsaft beispielsweise löst durch die vielen Zutaten und Zusatzstoffe häufig Allergien aus. Daher sollten Eltern möglichst nur Wasser und Tee als Getränk anbieten. Und wenn Fruchtsaft, dann sollte er in stark verdünnter Form angeboten werden, denn er enthält unglaublich viel Zucker.
Q: Untersuchungen haben ergeben, dass immer weniger Eltern selber kochen und stattdessen zu Fertiggerichten greifen. Was raten Sie den Eltern?
A: Wenn es mit dem Beruf vereinbar ist, rate ich natürlich dazu, frisch zu kochen. Die Zusatzstoffe in Fertiggerichten sind nachweislich allergieauslösend. Es wird gern damit geworben, dass beispielsweise die Mittagsgerichte ganz gesund sind. Allerdings kann es zu den angebotenen Preisen keine hohe Qualität drin stecken. Realistisch betrachtet, klappt es aber nicht immer.
Q: Welche Folgen hat eine Fehlernährung durch übermäßigen Konsum von Zucker, Fett und Fertignahrung auf die Kindergesundheit?
A: Sie kann Diabetes, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. In Europa haben diese Krankheiten in den letzten Jahren deutlich zugenommen, wenngleich nicht so drastisch wie in den USA. Wir haben heute viel mehr adipöse Kinder, was unter anderem an der Ernährung mit Fertiggerichten und Fastfood zu tun hat. Man kann die Weichen stellen.
Q: Muss es eigentlich immer BIO sein?
A: Nein. Wer darauf achtet, wenige verarbeitete und viele frische Lebensmittel zu kaufen, hat schon sehr viel für die Familiengesundheit getan. Außerdem darf man sich gern auf seine Sinne verlassen. Wenn Bio-Tomaten nach nichts riechen, schmecken sie auch nach nichts. Dann nützt mir ein grünes Label auch nicht viel. Empfehlenswert sind vielmehr saisonale Produkte.
Vielen Dank für Ihre ehrlichen Antworten!
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